Bei einer Pflegebegutachtung werden insgesamt 8 relevante Aspekte sogenannte Module des persönlichen Lebensbereiches bewertet (in Klammern Gewichtung bei der Gesamtbeurteilung der Pflegebedürftigkeit von insgesamt möglichen 100 Prozent). Entscheidend hierbei ist, ob der oder die Betroffene selbstständig, überwiegend selbstständig, überwiegend unselbstständig oder unselbstständig ist bzw. wie hoch sein Bedarf an Fremdhilfe durch eine andere Person ist.

Modul 1: Mobilität
Zur Mobilität gehören alle Bereiche, in denen der Betroffenen sich selbstständig bewegen muss. Dazu zählen unter anderem das Drehen im Bett, morgendliche Aufstehen, der Gang ins Badezimmer, Treppensteigen oder die selbstständige Fortbewegung im Wohnbereich oder Wohnumfeld. (10 Prozent)

Modul 2: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
Einer der entscheidendsten Punkte ist hier die Fähigkeit, ob die betroffene Person in der Lage ist, Risikosituationen zu erkennen, einzuschätzen und vorzubeugen. Dazu zählt auch die Fähigkeit, der räumlichen und zeitlichen Orientierung, das Verstehen und das Reden mit anderen Personen und die eigene soziale Einbindung in das tägliche Leben, die häufig auch durch eine Schwerhörigkeit beeinträchtigt ist. (15 Prozent, wenn der Punktwert höher als bei Modul 3 ist.)

Modul 3: Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
Ältere Menschen fühlen sich oft allein und werden von Zukunftsängsten geplagt. Das kann zu Angststörungen oder Aggressivität führen. Ebenso unruhige Nächte und Schlafstörungen gehören zu diesem Punkt. Als Ergebnis kann die betroffene Person gravierende Änderungen in ihrem Sozialverhalten aufweisen, die sogar bis zu einer Verweigerung pflegerischer Maßnahmen führen können. Entscheidend für dieses Modul ist die Häufigkeit des Auftretens und der personelle Interventionsbedarf, z.B. beruhigendes Zureden durch einen Angehörigen. (15 Prozent, wenn der Punktwert höher als bei Modul 2 ist.)

Modul 4: Selbstversorgung
Hier wird begutachtet, inwieweit die betroffene Person ihr Leben selbst „in die Hand nehmen kann“. Dazu gehören zum Beispiel, ob die betroffene Person sich selbstständig an- und ausziehen kann, bei der täglichen Körperhygiene Hilfe benötigt, Essen selbstständig mundgerecht zubereiten und einnehmen kann, ans Trinken denkt sowie eigenständig die Toilette benutzen kann. (40 Prozent)

Modul 5: Selbstständiger Umgang mit und Bewältigung von therapie- oder krankheitsbedingten Belastungen und Anforderungen
Was sich zuerst sehr schwierig anhört, ist eigentlich sehr einfach zu erklären. Zu diesem Punkt gehört alles, was die betroffene Person in Eigenverantwortung für die Erhaltung der Gesundheit auf ärztliche Anordnung macht. Ist der oder die Betroffene in der Lage, Medikamente korrekt einzunehmen? Können Blutzuckermessungen eigenständig durchgeführt werden? Können die Betroffenen, auch mit Hilfsmitteln wie einem Rollator oder einer Prothese, eigenständig einen Arzt aufsuchen? (20 Prozent)

Modul 6: Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Hier wird noch einmal gesondert die Fähigkeit bewertet, selbstständig den Tagesablauf zu gestalten. Begutachtet wird zum Beispiel, ob der Betroffene noch eigenständig seine oder ihre Kontakte pflegt, sei es nun durch Telefongespräche, Besuche beim Kaffeekränzchen, der Skatrunde oder einem Spaziergang im Park. (15 Prozent)

(Modul 7) Außerhäusliche Aktivitäten
Dieser Aspekt untersucht die Mobilität der betroffenen Person. Ist es zum Beispiel möglich, dass öffentliche Verkehrsmittel benutzt werden oder die zu begutachtende Person noch an Veranstaltungen teilnehmen und sich zu diesen in Eigenregie begibt, sind nur einige wenige Aspekte, die hier beleuchtet werden.

(Modul 8) Haushaltsführung
Hier wird bewertet, in welchem Maße die oder der Betroffene in der Lage ist, Einkäufe oder Behördengänge ohne Hilfe zu erledigen. Auch die Verwaltung der eigenen Finanzen spielt hier eine bedeutende Rolle.

Die Punkte „Außerhäusliche Aktivitäten“ und „Haushaltsführung“ spielen bei der Einstufung in den Pflegegrad eine untergeordnete Rolle und fließen nicht direkt in die Bewertung des Pflegegrads mit ein.
Sie werden aber konkret dazu genutzt, dem oder der betroffenen Person konkrete Hilfe oder Sozialleistungen anzubieten oder einen individuellen Versorgungsplan zu erstellen. Pflegekräfte erhalten dadurch zusätzliche Informationen, wie sie den Tagesablauf noch besser auf die Bedürfnisse ihrer Patienten abstimmen können. Denn durch diese neue Beurteilungsform wird dem Grundsatz der Verzögerung oder Verhinderung von zusätzlichen pflegerischen Maßnahmen durch Rehabilitations- und Präventionsmaßnahmen ganz besonders stark Rechnung getragen.

Definition der Pflegebedürftigkeit

Laut Pflegeversicherungsgesetz (Sozialgesetzbuch XI) gelten alle Menschen als pflegebedürftig, die nach bestimmten Kriterien in ihrer Selbstständigkeit eingeschränkt sind und für voraussichtlich mindestens sechs Monate pflegerische und betreuerische Hilfen benötigen. Wörtlich definiert das Gesetz den seit Januar 2017 geltenden neuen Begriff der Pflegebedürftigkeit in § 14 Abs. 1 wie folgt:

„Pflegebedürftig (…) sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, und mit mindestens der in § 15 festgelegten Schwere bestehen.“

Letztlich entscheidet die Pflegekasse, ob der Versicherte im Sinne der sozialen Pflegeversicherung pflegebedürftig ist. Sie orientiert sich dabei an der Einschätzung von Gutachtern des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK; bei gesetzlich Versicherten) oder von Sachverständigen der Firma MEDICPROOF (bei privat Versicherten). Anhand ihrer Begutachtungsrichtlinien beurteilen diese Experten aus dem Gesundheitswesen im persönlichen Gespräch mit Versicherten, ob und inwieweit sie pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes sind.